1914 bis 2014 Hundert Jahre SPD-Ortsverein Ehingen
Eigentlich ist es ja in Wirklichkeit mehr als nur ein Jahrhundert. Denn bevor es zur Gründung eines sozialdemokratischen Vereins kommen kann, müssen Menschen schon Jahre zuvor interessiert, informiert und engagiert gewesen sein. Und so war es auch – nachweislich.
Und sie blieben es: interessiert, infor-miert und engagiert, sie und ihre Nachfolgerinnen und Nachfolger (ja, auch Frauen waren bei uns früh aktiv und wurden auch dazu aufgefordert oder eingeladen, weit früher als bei den Konservativen!). Bis auf die Jahre des Verbots der SPD und ihrer Tätigkeiten (1915-17 und 1933-45) können wir jetzt lückenlos den Nachweis führen, dass der Ortsverein
unablässig gearbeitet und gelebt hat.
Die Genossen und (soweit bekannt) etwas später auch die Genossinnen haben überlegt und für die Menschen ihrer Heimat gehandelt. Sie haben sich regelmäßig versammelt. Sie haben Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Sie haben über ihr Tun oft akribisch Buch geführt. Zu mancher Sitzung liegen sogar ausführliche handgeschriebene Protokolle vor, die jeden Diskussionsbeitrag wiedergeben.
Sie haben zuweilen zusammen gefeiert (Weihnachtsfeier, Theater, Maitanz), und sie haben diskutiert und sich manch-mal auch gestritten. Und dann haben sie sich auch wieder zusammengerauft. Oder, was noch viel erfreulicher ist: Sie haben teils bestens als Team zusammengearbeitet – zum Teil über mehrere Jahrzehnte und bis heute.
Vieles ist in jahrzehntelang archivierten Zeitungsbänden erhalten, die meist, aber nicht alle, im Stadtarchiv aufbewahrt werden. Dann war der freundlichst gewährte Zugang zu einem Privatarchiv eine höchst willkommene zusätzliche Gelegenheit zur Forschung. Ganze Waschkörbe voller Ordner, Sammelmappen, Kassenbücher und dgl. wurde jeweils an die Nachfolger im Vorstand übergeben und blieben somit erhalten. Seit den 1970er- Jahren führt Georg Mangold zudem ein umfangreiches Archiv der örtlichen Zeit- und Ortsvereinsgeschichte. Dazu kommen viele papierene und digitale Fotos. Dies galt es alles zu sichten.
Wie soll daraus
eine Festschrift entstehen?
Würden wir alle Belege wie in einem lückenlosen Protokoll aufführen, Blatt für Blatt, Zeitungstext für Zeitungstext und Zeitungsbild für Zeitungsbild, alle Fotos in Alben, Schachteln oder auf Festplatten, Schwarzweiß oder in Farbe, dann kämen viele Tausende von Seiten zusammen. Ein Kubikmeter oder mehr an „Festschrift“ wäre dann eine wahre Last geworden, ganz wörtlich und in jeder Beziehung.
Andererseits wäre es den ganzen Aufwand nicht wert, nur in kurzen Texten alles aufzulisten, nach dem Muster Versammlung am … um … Uhr im Gasthaus …. Tagesordnung …. Das wäre in der Fülle der über 100 Jahre nur eine blutleere und sterbenslangweilige Textanhäufung.
Die Redaktion hat sich gleich zu Anfang ihrer annähernd einjährigen Arbeit dafür entschieden, die Nase immer auch über den Tellerrand des eigenen Ortsvereins hinauszustrecken. Was in der Welt, in Europa, im Land und in Ehingen und Umgebung stattfand, ist in Auszügen und beispielhaft dargestellt, wenn es sich auch auf die Menschen hier ausgewirkt hat. Große Ereignisse (es können auch schlimme sein) werden beispielhaft immer wieder aufs Lokale und auf die Menschen vor Ort heruntergebrochen.
Texte sind das eine. Bilder sind das andere. Beides muss sein, und beides ist reichlich enthalten. Geschichtliche
Dokumente, Zeitungsüberschriften und
-texte würzen eine Festschrift. Fotos von Leuten, die man vielleicht seit vielen Jahren kennt oder von denen man gehört hat, dass sie im Ortsverein lange und engagiert mitwirkten, auch das gehört zu einer Festschrift mit dem Namen „100 Jahre Ortsverein Ehingen“. Belege für die Gründung (1914) und für die (sogar doppelte) Wiedergründung nach 1945 dürfen nicht fehlen.
Die politische Auseinandersetzung muss dargestellt werden, auch die Zeit der Unterdrückung aller demokratischen Bestrebungen. Es wird gezeigt, wie schnell und „gewaltig“ die NS-Diktatur
ab 1933 auch hierherum Einzug hielt. Die damalige Begeisterung, der „Führer“-Kult in Ehingen und den Gemeinden im Umland lässt uns Heutige erschauern. Wir lesen, dass schon in den ersten Wochen auch Menschen aus Ehingen auf den Heuberg in „Schutzhaft“ (KZ) kamen. Sie standen teils sogar mit Namen in der örtlichen Zeitung.
Wir erleben mit, wie sich sogleich nach der Befreiung 1945 dieselben Menschen, deren Namen wir aus der Zeit der ersten deutschen Demokratie (1918-33) kennengelernt haben, erneut zum SPD-Ortsverein zusammenfinden. Und wir spüren hautnah, dass sie ihr demokratisches Grundwissen und Grundverständnis über zwölf Jahre Diktatur bewahrt und nicht vergessen haben. Die französische Besatzungsmacht hat ihnen die Verwirklichung bald erlaubt.
Es wird deutlich, dass die SPD auch in den Zeiten der Bundesrepublik hier in Ehingen wie schon zuvor keinen leichten Stand hatte, sehr häufig auch nicht in der örtlichen Presse. Doch es zeigt sich zugleich, wie Ideen aus der SPD im allgemeinen, aber auch unmittelbar aus dem Ortsverein heraus wie unerreichbare Utopien schienen — und inzwischen sind sie doch längst Realität geworden. Auch andere Parteien haben inzwischen dazugelernt. Oder: Ideen, die mancher Mitbewerber an seine Fahnen heftet, waren schon SPD-Gedankengut, als es diese andere Partei noch gar nicht gab.
Die Festschrift ist durchaus auch ein gehöriges Stück Stadt- und Umlandgeschichte geworden: Kommunalpolitik (Stadtentwicklung, Baugebiete, Sport, Kultur, Schulen, andere Parteien), Wirtschaft (Arbeitsplätze — gewonnen und teils auch wieder verloren) u. ä.
Es wurde darauf geachtet, dass sich beim Lesen möglichst oft auch immer wieder ein Erstaunen ergibt, vielleicht dass auch ein Schmunzeln und Lächeln aufscheint, oder dass eine freundliche Erinnerung erwacht. Das sind dann gleichsam die Rosinen im Teig.
Und so kommt es, dass die Festschrift ein ziemlich dickes Buch geworden ist. Aber man kann es noch bei sich tragen und vor sich auf den Tisch legen. Nach etlichen Versuchen, zuletzt mit dem „Weltmeister aller PDF-Erstellungs-software“, gelang es, unter Hinnahme einiger Layout-Vereinfachungen eine
PDF-Datei zu erstellen. Damit kann man die Festschrift auf dem Rechner, Tablet,
E-Book-Reader und zur Not sogar auf dem Handy lesen.
Unsere Festschrift eignet sich kaum als leichte Nachttischlektüre. Sie kann und will auch nicht am Stück abgearbeitet werden. Würde sie nur wie die Illus-trierte im Wartezimmer „mal eben so
nebenbei“ durchgeblättert, gingen viele „Rosinen“ unbeachtet verloren, und es wäre schade um die ganze Arbeit und um alle Kosten (auch die der Vorgänger/-innen im Ortsverein).
Vielmehr sollte man sich das Werk immer mal wieder vornehmen und jeweils einen bestimmten Abschnitt näher betrachten. Dann erst kann man so richtig erleben und erfahren, wie 100 Jahre lang Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, eingebettet in ihr Ehinger (samt den Teilorten), Griesinger und Öpfinger Umfeld, gelebt, zuweilen gelitten und oft positiv gewirkt haben. Und es wird sich dann zeigen: Wir Heutigen haben allen Grund zu Respekt vor dem Wirken der Vorgängerinnen und Vorgänger. Und wir können daraus Kraft und Zuversicht für Gegenwart und Zukunft schöpfen.
Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität
in Ehingen, Griesingen, Öpfingen
und überall anderswo auch
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